Quellen:
Gendamerieberichte 1936
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Findort: Staatsarchiv München LRA 61613
Nr. 215; Monatsbericht der Gendarmeriestation Oberammergau; 30.1.36
I. Allgemeine politische Lage:
1. Allgemeine politische Uebersicht über die innerpolitische Entwicklung im Berichtsmonat: In innerpolitischer Hinsicht ist die Lage sehr ruhig. Seitdem gegen einige Stänkerer, die glaubten, sich abfällige Bemerkungen gegen Partei und die Staatseinrichtungen leisten zu können, mit Strafanzeige und in einem Falle mit Schutzhaft vorgegangen wurde, bessert sich die Lage zusehends. Im übrigen ist alles auf die Olympiade eingestellt; die Meinungen in Bezug auf die Rentabilität dieses grossen Unternehmens sind geteilt. Die einen glauben für Garmisch ein grosses Fiasko voraussagen zu müssen, während die anderen wieder optimistischer eingestellt sind.
2. Stand u. Tätigkeit der staatsfeindl. Bestrebungen: Die ehemaligen Anhänger der Linksparteien halten sich in ihren politischen Äusserungen stark (sehr) zurück und verhalten sich vollständig passiv. Die Vertreter der ehem. „Bayer. Volkspartei“ scheinen nun allmählich auch zu der Einsicht zu kommen, dass es mit Kritik allein nicht getan ist, wenn auch immer wieder einzelne versuchen, die Verdienste und das Ergebnis während der 3 Jahre der nationalsozialistischen Regierungszeit herabsetzen zu müssen (herabzusetzen).
3. Kirchenpolitik: Die Geistlichen von Oberammergau, insbesondere Kaplan Eberlein, haben in letzter Zeit nur mehr Predigten rein kirchlichen Inhalts gehalten. Ausfälle in politischer Hinsicht oder abfällige Bemerkungen gegen Staat und Partei sind nicht mehr vorgekommen. .Am Sonntag den 19. Und 26.1.36 wurden lediglich nur mehr Hirtenbriefe der Bischofskonferenz von Fulda während der Predigt verlesen.
4. Wirtschafts- und Agrarpolitik: Der Fremdenverkehr in Oberammergau entspricht bis jetzt nicht den Erwartungen, die sich viele Einwohner in Bezug auf die Olympiade machten. Ende des Monats ist es nun einigermassen besser geworden; es treffen täglich z.Zt. ca. 50 Fremde ein. Von den K.D.F. Urlaubern, von denen z.Zt. seit 19.1.36 240 Herren und Damen aus Berlin hier anwesend sind, sind die Oberammergauer Pensions- und Gasthofinhaber nicht besonders erbaut, da sie nur ganz mässige Preise bezahlt bekommen. Von anfangs Februar ab sind die Hotels, Gasthäuser und Pensionen sowie Privathäuser so ziemlich voll besetzt. Die Lebensmittelpreise sind in letzter Zeit nicht gestiegen und normal. Die Knappheit auf dem Fett- und Buttermarkt ist behoben.
5. Kulturpolitik (insbesondere Presse): Die Lokalzeitung (Ammergauer Zeitung) hält sich im Rahmen der nationalsozialistischen Weltanschauung. Verbotene Schriften, Flugblätter usw. sind hier nicht aufgetaucht.
II. Sicherheitszustand: Der Sicherheitszustand im Bezirk ist z.Zt. sehr gut. [8 Festnahmen, 2 Übertretung der Reichsgewerbeordnung und Hausiersteuervergehen, 4 Landstreicherei, 2 Bettelei]
III. Wirtschaftliche Verhältnisse: Der Absatz der Schnitzereiwaren und sonstigen Oberammergauer Erzeugnisse ist der zeit entsprechend als mässig zu bezeichnen. Der Kasernenbau wird vorerst noch nicht in Angriff genommen, da Änderungen in der Bauweise vorgenommen werden sollen. Der Strassenbau zur Kaserne, ausgeführt von der Firma Teeras, geht seinem Ende entgehen.; es werden dort z.Zt. nur mehr ca 20 Personen beschäftigt. Arbeitslose sind im Bezirk z.Zt. nur wenig vorhanden.
Nr. 469; Monatsbericht der Gendarmeriestation Oberammergau; 28.2.36
I. Allgemeine politische Lage:
1. Allgemeine politische Uebersicht über die innerpolitische Entwicklung im Berichtsmonat: In innerpolitischer Hinsicht ist es gegenwärtig sehr ruhig. Der Monat Februar stand hauptsächlich im Zeichen der IV. Olympischen Winterspiele. Die Leute hätten während dieser Zeit restlos vermietet. Besonders stark war das Ausland in Oberammergau vertreten: Es waren sehr viele Engländer, Spanier, Norweger, Amerikaner und Polen hier einquartiert. Das Gaststättengewerbe klagte jedoch, dass ihre Erwartungen auf einen grossen Umsatzes nicht erfüllt wurden, da die Olympiagäste gewöhnlich bereits morgens 7 Uhr nach Garmisch fuhren und spät nachts erst wieder zurückkamen. Besonders schundig sollen sich unter den Ausländern die Polen benommen haben, denen alles zu teuer gewesen und überall Preisnachlass gefordert hätten.
2. Stand u. Tätigkeit der staatsfeindl. Bestrebungen: Die Lage ist z.Zt. hier sehr ruhig und eine Änderung nicht eingetreten.
3. Kirchenpolitik: Aus dem ganzen Benehmen der hies. Geistlichen merkt man immer noch, dass sie der Regierungspolitik ablehnend gegenüber stehen, wenn sie auch in der Öffentlichkeit davon keine Erwähnung tun. Wie mir Bürgermeister Lang in Oberammergau mitteilte, soll Kaplan Eberlein bei einer Predigt am 16.2.36, die wegen des Haupttages der Olympiade von hies. Gendarmerie nicht überwacht werden konnte, die Äusserung gemacht haben: „Die Männer sind feige, weil sie nicht mehr in die Kirche gehen, um nicht als schwarz angesehen zu werden.“
4. Wirtschafts- und Agrarpolitik: Die Bautätigkeit ruht immer noch. Die Gde. hat z.Zt. 20 Arbeitslosenunterstützungsempfänger. Die Schnitzerei ist gut mit Arbeit versorgt; z.Zt. ist sie mit der Anfertigung von 150 000 Stück Winterhilfswerkabzeichen beschäftigt. Im März soll mit dem Bau der Kaserne durch die Firma Liebergesell - München begonnen und dazu vorerst ca 300 Mann, die bis auf 800 Mann gesteigert werden sollen, eingesetzt werden.
5. Kulturpolitik, insbesondere Presse: Die Ammergauer Zeitung hält sich im Rahmen der nationalsozialistischen Weltanschauung. Verbotene Druckschriften, Flugblätter usw. sind hier im Berichtsmonat nicht aufgetaucht.
II. Sicherheitszustand: Der Sicherheitszustand ist gut. [13 Festnahmen, 1 Betrug und Geschlechtskrankheit (Tripper), 1 Diebstahl, 1 Unterschlagung, 1 Vergehen gegen das Gesetz über Reichsverweisungen, 1 Passvergehen, 7 Landstreichereien, 1 Bettelei; 3 Verkehrsunfälle]
III. Wirtschaftliche Verhältnisse:
Diese sind im Schnitzereigewerbe sehr gut und es besteht auch Aussicht, dass die Bautätigkeit und die damit verwandten Gewerbearten im Monat März einsetzt bezw. Wieder Verdienstmöglichkeiten bekommen. Das Gaststätten- und Fremdenbeherbergungsgewerbe hat im Februar gut abgeschnitten, wenn auch jetzt die Fremden etwas spärlicher werden.
Findort: Staatsarchiv München LRA 61615
Nr. 3135; Monatsbericht der Gendarmeriestation Oberammergau; 30.12.36
I. Allgemeine politische Lage:
1. Allgemeine politische Uebersicht über die innerpolitische Entwicklung im Berichtsmonat: In innerpolitischer Hinsicht ist es z.Zt. sehr ruhig.
3. Kirchenpolitik: Kaplan Kurt Eberlein von Oberammergau, geb. am 9.8.08 zu München, hielt am 27.12.36 in der Pfarrkirche von Oberammergau eine Predigt, in der er wieder sehr auffällig war. In seiner Ausführung, daß heute kein Priester mehr einen Schutz genieße, sagte er: „Im August kam von Moskau an die spanischen Kommunisten der Befehl: Erschießt alle Pfaffen! Und es ist noch gar nicht lange her, da hieß es auch bei uns: Stellt die Priester an die Wand.“
Eberlein sprach über den Kampf der Religion in der Welt und in Deutschland und übte Kritik an der Einschränkung der katholischen Pressefreiheit. Hiezu schrie er mit seinem lautesten Organ an die Kirchenbesucher: „Die Hirtenbriefe sind der strengsten Zensur unterworfen und Christus darf man in der anderen Presse als krummnasigen und blattfüßigen Juden bezeichnen.“ An das Bezirksamt Garmisch-Partenkirchen erstattete ich hierüber sofort Bericht.
4. Wirtschafts- und Agrarpolitik: Während der Weihnachtsfeiertage war Oberammergau mit Fremden sehr gut besucht. Die Holzschnitzereien hatten bis Weihnachten Hochbetrieb und konnten meist die bestellten Waren wegen Arbeitsüberhäufung nicht terminsgemäß liefern. Der heeresneubau ist vom 23.12.36 mit 3.1.37 eingestellt. Die meisten Arbeiter sind weggefahren und nur ein ganz kleiner Teil blieb hier. Am 4.1.37 wird die Arbeit beim Heeresneubau wieder voll aufgenommen.
5. Kulturpolitik: Die lokale Zeitung hält sich im Rahmen der nationalsozialistischen Weltanschauung.
6. NSDAP. und ihre Gliederungen: 0.
7. Juden u. Freimaurer: 0.
8. Ausländer, Spionage, Landesverrat u. Grenze: 0.
II. Sicherheitszustand: Der Sicherheitszustand ist gut (siehe Ziff. I.2.). Vorl. festgenommen und in das Amtsgerichtsgefängnis Garmisch-Partenkirchen wurden eingeliefert: 1 wegen Unterschlagung, 1 wegen Vergehens gegen das Heimtückegesetz (Ziff. I.2.), 4 wegen Polizeihaft-Bettlerbekämpfung. Auf Anordnung der Gestapo. Polizeistelle München wurde 1 Person vorl. festgenommen und nach München der Gestapo überstellt. Dieser Hilfsarbeiter soll für die Rote Hilfe tätig gewesen sein und an diese Beiträge gezahlt haben.
III. Wirtschaftliche Verhältnisse:
Wegen der günstigen Witterung sind die Arbeiten am Heeresneubau mit Ausnahme vom 23.12.36 mit 3.1.37 noch nicht unterbrochen worden, sodaß keine Arbeitslose hier sind.