
Ein Vortrag von Alois Schwarzmüller über die Olympischen Winterspiele 1936 in Garmisch-Partenkirchen und deren Instrumentalisierung durch das NS-Regime
Der olympische Gedanke unterm Hakenkreuz - ein Vortrag von Alois Schwarzmüller am 26. Februar 2016 für den Historischen Verein Oberammergau.
Garmisch-Partenkirchen war nicht nur Austragungsort der Olympischen Winterspiele 1936, sondern sollte diese auch 1940 ausrichten. Aufgrund des Kriegsausbruchs kam es jedoch nicht mehr dazu, da nach olympischem Grundsatz im Austragungsland Frieden herrschen muss. Der Historische Verein Oberammergau hatte den Garmisch-Partenkirchener Historiker Alois Schwarzmüller zu einem Vortrag in den Gasthof Stern eingeladen.
Der Vorsitzende Franz Kümmerle erzählte einleitend von seiner Mutter, die als Sportbegeisterte bei minus 36 Grad Celsius mit dem Rad von Oberammergau zum Eishockey-Spiel Deutschland gegen Kanada gefahren war. Diese Begeisterung für das Sportereignis hatte ihn damals sehr beeindruckt, und Namen wie Sonja Henie und Gustl Kranz waren und sind auch für ihn noch heute Sportikonen.
Schwarzmüller bestätigte diese allgemeine Begeisterung der Bevölkerung, zeigte in seinem Vortrag jedoch einen kritischeren Blick auf die Ereignisse. Der ehemalige Lehrer des Werdenfels-Gymnasiums hat sich seit den frühen 70er Jahren intensiv mit der Historie der Winterspiele beschäftigt. In sechs Kapiteln präsentierte er seine Forschungsergebnisse, die auf umfangreichen Quellenstudien in Gemeinde-, Staats- und Bundesarchiven sowie der Analyse zeitgenössischer Lokalzeitungen basieren.
Vor 1933 ging es primär darum, Garmisch und Partenkirchen von Sommerfrischler-Urlaubsorten zu Wintersportzentren zu entwickeln. Die Olympiabewerbung wurde als "bayerische Sache" betrachtet, wobei bayerische Abgeordnete sich im Landtag und Reichstag dafür einsetzten. Der niederschlesische Mitbewerber Schreiberhau wurde so ausgeschaltet.
Mit der "Machtergreifung" im Januar 1933 änderte sich die Haltung der Nationalsozialisten zu den Olympischen Spielen grundlegend. Sie wurden nun als Propaganda-Instrument gesehen. Propaganda-Minister Goebbels und Hitler akzeptierten am 16. März 1933 zunächst die Sommerspiele, wodurch das IOC im Juni 1933 auch die Winterspiele an Garmisch-Partenkirchen vergab.
Die Spiele sollten die massive Aufrüstungspolitik tarnen und den offenen Antisemitismus der Nationalsozialisten international verschleiern. Dies bereitete den Olympia-Organisatoren Ritter von Halt und Carl Diem große Probleme. Die antisemitischen Schilder und Transparente "Juden sind hier unerwünscht" waren 1935 so häufig im Olympiaort und entlang der Bahnstrecke nach München zu finden, dass die Austragung der Olympiade gefährdet war. NS-Gauleiter Adolf Wagner musste noch im Januar 1936 deren Entfernung anordnen.
Nach den Spielen waren die antisemitischen Schilder sofort wieder präsent. Der Antisemitismus zeigte sich in Fremdenverkehrsprospekten, denen Hinweise beigelegt werden mussten, dass Juden unerwünscht seien, sowie in Sportvereinen und bei den Organisatoren der Spiele.
Für die geplanten Olympischen Winterspiele 1940 in Garmisch-Partenkirchen wurden aufwendige Bauprogramme beschlossen und die Wehrmacht sollte spektakuläre Vorführungen vorbereiten. Im Krieg gab Deutschland die Winterspiele dann an das IOC zurück.
Schwarzmüller betonte abschließend, dass die 1936er Spiele zwar hervorragend organisiert waren, aber dem NS-Regime vor allem als Propaganda und zur Tarnung der Aufrüstung dienten. Nach dem Zusammenbruch des NS-Staates wurde meist nur noch das Sportliche hervorgehoben, während die politischen Hintergründe verschwiegen wurden.
Die anschließende Diskussion zeigte dies deutlich: Die nachfolgenden Generationen kamen zu unterschiedlichen Bewertungen der Erinnerung an diese Zeit. Auch der Umgang mit den erhaltenen olympischen Bauwerken wird bis heute kontrovers diskutiert.